Christiane
Blasius
Die
Putzfrau und der Kommissar (aus Hagen)
240
S. ISBN 978-3-920591-88-9
9,80 €
Bestelladresse: neues-literaturkontor@t-online.de
Der neue Chef einer Computer-Firma wird in seinem Büro
erhängt aufgefunden. Als ob dies nicht schon schlimm genug wäre, fischt die
pflichtbewußte Putzfrau seine Lieblingstasse aus dem Altpapier-Container. Eine
solche Schlamperei kann Frau Kolkowski so nicht akzeptieren und macht sich ihre
ganz eigenen Gedanken um dieses Unglück. Daß sie dabei immer weiter in einen
Mordfall verwickelt wird, läßt sich kaum vermeiden.
Geschickt balanciert die Autorin Christiane Blasius in
diesem sowohl spannenden als auch humorvollen Krimi auf zwei Ebenen. Die kriminalistische Arbeit des
Kommissars und die von Lebenserfahrung und gesundem Menschenverstand geprägte
Herangehensweise der Putzfrau stehen in einem sich trefflich ergänzenden
Kontrast. Zusammen führen sie zu einem überraschenden Ergebnis.
Ein Hagen-Krimi, der auch Nicht-Hagenern gefallen dürfte.
Leseprobe:
Entschuldigen
Sie, kennen Sie den Spruch: Sage mir, was du wegwirfst, und ich sage dir, wer
du bist? Ich kann Ihnen versichern, da ist was Wahres dran. Wie ich darauf
komme? Na ja, ich war schon zu einer Zeit Reinigungskraft, als man noch
Putzfrau dazu sagte. In zwanzig Jahren kann einem so einiges unter die Augen
kommen. Nicht, daß Sie jetzt denken, ich würde spionieren, aber es gibt Dinge,
die drängen sich einem einfach auf... Ich bin natürlich diskret, das versteht
sich schließlich von selbst.
Geht
Ihnen das auch manchmal so? An Tagen wie heute stelle ich mir vor, was ich
alles mit meinem Leben hätte machen können. Besonders angesehen ist mein Beruf
ja nie gewesen. Doch eigentlich finde ich, Putzen kann sehr zufrieden machen.
Da gibt es kaum ein Problem, das sich nicht mit dem richtigen Mittel, den Tips
von der Mutter und etwas Einsatz aus der Welt schaffen ließe. Ich weiß schon,
was Sie jetzt sagen wollen: Man fängt immer wieder von vorne an, es ist ständig
das gleiche, die Arbeit hört nie auf... Das stimmt ja auch alles irgendwie.
Aber hat es nicht was Beruhigendes, wenn die Dinge bleiben, wie sie sind? Mein
neuer Fernseher, zum Beispiel, der ist so kompliziert, daß ich ihn ohne fremde
Hilfe beim ersten Mal gar nicht bedienen konnte. Ein Schrubber oder ein
Staubsauger dagegen, da weiß man, was man in der Hand hat, und bis der perfekte
Putzroboter erfunden ist, poliere ich längst dem Lieben Gott den Himmel blank.
Ich
glaube ja, in unserer Gegend werden Putzfrauen respektiert. Warum sonst hätte
man dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal an der Hohensyburg ausgerechnet den Spitznamen
ATA-Dose verpassen sollen? Falls es Sie interessiert: Meine momentane Stelle
ist ganz bequem. Ich reinige Firmenbüros. Die machen weniger Arbeit als
Wohnungen – große Flächen und keine kostbaren Staubfänger. Volle Schreibtische
kann ich auslassen, und glauben Sie mir, es gibt jede Menge davon. So ganz
genau nehmen es die Leute da sowieso nicht. Jedenfalls habe ich noch nie
erlebt, daß in dieser Firma jemand mit einem weißen Taschentuch über eine
Schrankleiste fährt und mir anschließend die drei Staubkörner unter die Nase
hält, die dran hängengeblieben sind. Bei Privatkunden sieht das teilweise ganz
anders aus. Ich könnte Ihnen Sachen erzählen ... aber das ist ein anderes
Thema.
Meine
Wohnung liegt übrigens ganz in der Nähe des Gewerbegebietes direkt an der B7,
zugegeben, keine piekfeine Gegend, aber den Krach von der Straße höre ich schon
gar nicht mehr, und schließlich lebe ich inzwischen seit über 30 Jahren in
Haspe. Ich bin hier zuhause, mich kriegt so schnell keiner mehr woandershin.
Ich putze die Büros jeden Tag nach Feierabend. Meistens ist dann aber noch die
halbe Belegschaft bei der Arbeit. Manche merken es gar nicht, wenn ich um sie
herum Staub sauge. Ich könnte ihnen wahrscheinlich mit Haushaltsreiniger den
Kopf waschen – sie würden einfach weiterarbeiten. Was genau da gemacht wird,
weiß ich nicht, aber es hat wohl was mit Computern zu tun. Die Angestellten und
ich verstehen uns ganz gut. Ich versuche, so wenig wie möglich zu stören, und
sie geben mir nicht das Gefühl, daß ich von einem anderen Stern komme.
Natürlich schwatzt man auch mal. Fast alle könnten meine Kinder sein, was sage
ich, manche meine Enkel. Und seit mein Hans tot ist, habe ich ja viel Zeit.
Deswegen komme ich auch meistens nach der Arbeit noch auf einen Tee hier
vorbei. Heute habe ich mir mal ein Gläschen Hasper Maggi gegönnt, Sie wissen
schon, unser hiesiger Wacholderschnaps, die reine Medizin. Es laufen so viele
Leute mit Schnupfennasen herum, da muß man vorbeugen. Sind Sie auch öfter hier?
...
Mir war gleich klar, wie ich das zu verstehen hatte:
keine gründliche Reinigung, nur das Nötigste machen! Besser als nichts, denke
ich noch, knipse die Deckenbeleuchtung an, gehe auf den Schreibtisch zu, und
mein Blick fällt direkt auf zwei elegante Hosenbeine. Schön, zugegeben, ich bin
nicht sehr groß, aber Knie genau in Augenhöhe – ich bitte Sie! Ich schaue
hoch... Du meine Güte, fragen Sie mich nicht, wie lange ich gebraucht habe, um
zu begreifen, was ich da sah...
Blasius: Gestern war kein Tag Blasius: Zauber des
Verschwiegenen
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